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Rede von Dr. Josef Hofmann, anlässlich der Mahnwache am 18.08.2014 im Terminal 1 des Flughafen Frankfurt.

von Albert Ebhart

Zur Person: Herr Dr. Hofmann (Rechtsanwalt) amtierte von 1961 bis 1985 als CDU-Bürgermeister der Stadt Mainz. Gleichzeitig übernahm er als Stadtkämmerer die Leitung des Finanzdezernates. Von 1985 bis 1989 war er Ehrenamtlicher Beigeordneter der Stadt, von 1984 bis 1992 Präsident des internationalen Rates der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE), seit 1992 Vizepräsident. Von 1994 bis 2000 war er sowohl Präsident als auch Vizepräsident der Kammer der Gemeinden Europas im Europarat. Von 1989 bis 2004 war Dr. Hofmann Mitglied des Mainzer Stadtrats.

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Meine sehr verehrten Damen und Herren!


In der Tat ist es mir ein Bedürfnis, wenn Sie mir das zu sagen gestatten, heute an diesem Tag, nachdem das dritte Terminal von der Stadt Frankfurt genehmigt worden ist, mit hierher zu gehen, um mit Ihnen wiederum zu demonstrieren, dass dieser Flughafen falsch liegt - er gehört nicht auf diesen Platz in dieser Region! Wenn Sie nur einen Moment einmal die Grenzen, die die Gemeinden, die sie um sich herum haben, auflösen, dann liegt er mitten in einem großen Ballungs-Wohngebiet. Jede Stadt, jede größere Stadt in Europa versucht Flugplätze wieder weiter wegzulegen. Selbst Paris bemüht sich drum; in unserer Nähe – München – hat es ebenso getan. Bloß nicht weit genug! Sie müssen es neu tun. Deshalb möchte ich meine persönliche Betroffenheit hier mit Ihnen zum Ausdruck bringen, dass von der Stadt Frankfurt das Terminal 3 genehmigt wurde.
Ich darf mir erlauben, die Stadt Frankfurt zu fragen, die Damen und Herren der Verwaltung und die Damen und Herren im Parlament: Wo bleibt die Solidarität mit den Gemeinden in dieser Region? Hunderttausende! Hunderttausende leiden unter dem Flughafen! Hunderttausende werden in ihren Menschenrechten verletzt!
Meine Damen und Herren!

Ich frage alle Parteien, in alle Richtungen, auch meine. Ich war im Bundestag damals für die Christdemokraten, ich war in Europa für die Christdemokraten, ich bin jetzt Ehrenpräsident für europäische Gemeinden und Regionen und Ehrenmitglied im Kongress des Europarats. Ich war lange unterwegs und habe die Menschenrechte des Europarates, Sie kennen die Konventionen des Europarates, überall dargelegt, verteidigt, eingebracht, in vielen Städten und in Stadtparlamenten Europas. Aber ich habe nie für möglich gehalten, dass in meiner eigenen Heimat, hier wo wir alle wohnen, die Menschenrechte verletzt werden. Das ist ungeheuerlich!

Lassen Sie mich das auf eine einfache Formel bringen. Was sind denn eigentlich die Menschenrechte? Wenn Sie mal die großen Worte wegnehmen, dann ist das ganz einfach: Leben kann nur ein Mensch, wenn er essen, trinken und schlafen kann. Also sind die Voraussetzungen gegeben, wenn man uns den Schlaf nicht lässt, zum Beispiel uns morgens um 5 Uhr weckt. Ich wollte in meinem Garten später sitzen können. Ich sitze dort bei schönem Wetter, zehn Minuten, dann hält es keiner mehr aus!

Meine Damen und Herren, ich formuliere jetzt nicht bewusst stark, aber ich frage die Verantwortlichen – in Frankfurt, in der Politik hier in Hessen, aber auch in meinem Heimatland: Wie können Sie es gestatten, dass man solch ein Verbrechen der Verletzung der Menschenrechte in unserer Region zulässt? Wann endlich begreifen unsere Richter, dass eine Verletzung des Rechts auf Schlaf juristisch gesehen eine schwere Verletzung des Rechts darstellt, menschlich gesehen, eine Ungeheuerlichkeit ist? Wann wird das endlich eingesehen?

Und dann erleben wir hier, dass eine Verwaltung ein drittes Terminal genehmigt. Schon die 400.000/500.000 Flugeinheiten sind eine Folter für Hunderttausende in dieser Region. Wie kann man da noch glauben, etwas Weiteres dazu nehmen zu können? 1880, nehmen wir mal nur die Zahl als Hausnummer, wurden die Menschen in den Betrieben ausgebeutet. Heute ist der pure Kapitalismus zurückgekehrt in der Form, dass man die Menschen, die überhaupt nicht fliegen oder selten fliegen auch in ihren Wohngebieten quält, sie nicht mehr schlafen lässt und sie sogar überlegen lässt: Müssen wir nicht wegziehen? Wie viele sind schon weggegangen, die es können?!

Aber noch ein anderer Gedanke, wenn Sie erlauben. Wir haben das allgemeine Notwehrrecht. Das ist dann gegeben, wenn man angegriffen wird - rechtswidrig. Wir - alle Betroffene - werden rechtswidrig durch die Folter des Lärms und des Schlafentzuges angegriffen; insofern sind wir in einer Notwehrsituation, meine Damen und Herren.

Unser Appell heute kann nur dahin gehen, dass die Richter dieses juristische Problem stärker würdigen und lösen! Das heißt auch, dass das Terminal 3 nicht weiter ausgebaut werden kann. Die Herren der Regierung in Hessen, die da so geschickt formulieren: „Genehmigt ist noch lange nicht gebaut!“, da sind wir nicht nur misstrauisch, wir haben in all den vielen Jahren das Gegenteil erlebt. Wie soll der Demokrat noch seiner, also seiner normalen demokratischen Führung glauben?

Noch ein Gedanke. Wenn die Mediziner uns sagen, dass wir in der Gesundheit geschädigt werden, aber im Einzelfall der Nachweis der sogenannten Kausalität dafür fehlt, genügt es dann nicht, wenn die Medizin generell feststellt, dass wir und insbesondere unsere Kinder in unserer Gesundheit geschädigt werden - anders ist es nicht begreiflich.
Ich wundere mich, dass wir als demokratische Bürger nicht noch stärker – aggressiver - uns verteidigen. Wir wollen so nicht weiterleben! Wir wollen menschlich und gesund leben! Wir wollen in einer Demokratie leben, wo nicht Hunderttausende durch Fluglärm terrorisiert werden. Und ich hoffe, unsere Demonstration hilft uns die Solidarität in diesem Raum auf allen Ebenen wieder herzustellen und den Flugplatz zurückbauen statt auszubauen!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

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