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Am Mittwoch, den 04.07.2012 erschien im Main-Echo (Ausgabe Alzenau) der Artikel Schulterschluss suchen.

Der Stadtrat von Aschaffenburg hatte Vertreter der Deutschen Flugsicherung (DFS) eingeladen in einer öffentlichen Sitzung zum Thema Fluglärm Stellung zu nehmen. Vieles, wenn nicht gar Alles müsste man kritisch hinterfragen, was dort u.a. auch von den Stadträten selbst vorgetragen wurde. An dieser Stelle wollen wir uns aber damit begnügen die Deutsche Flugsicherung selbst einmal unter die Lupe zu nehmen. Lesen Sie zunächst den Artikel im Main-Netz erschienen unter der Überschrift „Wenig Aussicht auf weniger Fluglärm“.

http://www.main-netz.de/nachrichten/region/aschaffenburg/aschaffenburg-stadt/stadt/art11846

 

Was sie besser wissen sollten

Die Aufgabe der DFS besteht nicht nur in der sicheren und flüssigen Abwicklung der genehmigten Flugbewegungen. Sie hat sehr wohl auf den Schutz der Bevölkerung vor unzumutbaren Lärm hinzuwirken. Hier muss den Referenten Thamm und Zwiener deutlich widersprochen werden.

 

An der großräumigen Verlärmung durch die neuen Flugrouten ist die DFS natürlich nicht so unschuldig wie sie tut. Schließlich hat sie die Flugroutenplanung ja selbst erarbeitet. Dass sie diese nun nach Prüfung und Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (BAF) auch umsetzen muss, lässt sich nicht so darstellen, als wäre man lediglich eine ausführende Behörde, der per Gesetz die Hände gebunden und so keine vernünftigeren Lösungen zu finden sind.

 

Da die DFS beitragsfinanziert ( Bezahlung nach betreuten Flugmeilen) ist, wird sie die Ausbaupläne des Flughafens hinsichtlich der Lärmbelastung nicht kritisch hinterfragen. Auch wenn die DFS nicht gewinnorientiert ist, profitiert sie doch von zunehmenden Flugbewegungen. Wenn mehr im Topf ist, gibt es eben mehr zu verteilen.

Beitragsfinanzierte Organisationen haben zwei große Schwachpunkte. Es besteht kein Sparzwang. Entsprechend luxuriös ist die DFS in Langen untergebracht. Und es besteht kein Leistungszwang. Entsprechend sind die Ergebnisse, welche die DFS abliefert: Tiefflug über dem Spessart. Beitragsfinanzierte Organisationen entarten im Laufe der Zeit zu Oasen der Bequemlichkeit, weil der wirtschaftliche Druck fehlt.

 

Herr Thamm und Herr Zwiener machen darauf aufmerksam in welchem politischen Spannungsfeld die DFS sich ihres Erachtens bewegt. Hier sollte man die Tatsache, dass die ausführende (DFS) und die kontrollierende Behörde (BAF) den gleichen Dienstherren haben (Bundesministerium für Verkehr – kurz BMVBS) nicht außerachtlassen. Interessant ist hier auch die örtliche Nähe ( beide haben ihren Sitz in Langen). Ihre Aussage, die hessische Landesregierung habe die Zahl der Starts und Landungen ( 2000 pro Tag im Jahre 2020 – momentan 1600) und den vorab berechneten Fluglärm, sowie die Proteste der Bürger in Kauf genommen, bekommt dadurch noch einmal eine andere politische Dimension und verweist bis auf die höchste Ebene im BMVBS – Verkehrsminister Dr. Ramsauer.

 

Die DFS hat in der Vergangenheit verschiedene Anstrengungen zur Lärmminderung angekündigt. Leider wurden die angestrebten Termine immer wieder verschoben. Denkbar ist, dass die seit Anfang des Jahres bekannte Entscheidung, den dreiköpfigen Vorstand Ende 2012 auszutauschen, bei einer „deutschen Behörde“ bremsend auf die „Tatkraft“ der Angestellten gewirkt hat. Zumal nicht klar sein dürfte, welcher Wind zukünftig bei der DFS weht. Kommt der neue Chef in Person von Prof. Dr. Klaus Dieter Scheurle doch direkt aus dem BMVBS

 

Alles in allem deutet wenig darauf hin, dass die DFS handlungsfähig oder handlungswillig ist. Da wundert es nicht, wenn die Antwort auf die Frage: „Kann der Lärmpegel über der Stadt Aschaffenburg und dem Umland gesenkt werden?“ lautet, vielleicht – vielleicht aber auch nicht.

Machen Sie sich nun selbst ein Bild über die DFS.

Wer oder was ist die DFS?

Die DFS hat den gesetzlichen Auftrag den Luftverkehr sicher, geordnet und flüssig abzuwickeln. Dabei hat sie auf den Schutz der Bevölkerung vor unzumutbarem Fluglärm hinzuwirken."

 

Die DFS ist als beliehenes Unternehmen Teil der Luftverkehrsverwaltung des Bundes (Art. 87d GG). Sie befindet sich im ausschließlichen Eigentum der Bundesrepublik Deutschland, die durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) vertreten wird. Die DFS ging 1993 aus der Bundesanstalt für Flugsicherung (BFS) hervor.1 Die DFS hat ihren Sitz in Langen.

1 www.frapedia.de Technik/DFS/2 Gesetzlicher Auftrag

Wie finanziert sich die DFS?

Die DFS ist Beitragsfinanziert, d.h sie rechnet nach betreuten Meilen ab. Die laufenden Kosten der DFS werden durch Flugsicherungsgebühren gedeckt. Erhoben werden Streckengebühren (Einziehung durch Eurocontrol für die 37 am Eurocontrol-Gebührensystem teilnehmenden Mitgliedstaaten und Abführung an die DFS) und An- und Abfluggebühren (Festlegung durch das BMVBS mittels Rechtsverordnung und Einziehung unmittelbar durch die DFS). Gemäß Gesellschaftsvertrag ist die DFS ein nicht-gewinnorientiertes Unternehmen. Etwaige erwirtschaftete Überschüsse müssen auch entsprechend den international geltenden Grundsätzen für die Erhebung der Flugsicherungsgebühren an die Luftraumnutzer zurückgezahlt werden. Zu Jahresbeginn hat die DFS die Streckengebühren um3,3 % angehoben. Dies kostet die Unternehmen 20 Millionen Euro und liegt rund 30% über dem europäischen Schnitt.1

http://www.main-netz.de/nachrichten/wirtschaft/wirtschaft-kurz/art4209,1977173

 

Welche Rolle spielt die DFS beim Flughafenausbau?

Auf Betreiben von Fraport und den Fluggesellschaften erstellt die DFS einen Plan wie der Ausbau des Flughafens flug- und sicherheitstechnisch umzusetzen ist. Der Entwurf wird der Lärmschutzkommission ( nur beratende Funktion) vorgelegt. Geprüft und genehmigt wird das Ganze vom Bundesamt für Flugsicherung1. Anschließend ist die DFS für die Umsetzung verantwortlich.

1 Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) ist eine deutsche Bundesoberbehörde, die als nationale Aufsichtsbehörde den Bereich der zivilen Flugsicherung zertifiziert und überwacht. Das Bundesamt arbeitet auf der Basis europäischer und deutscher Verordnungen

 

 

Jüngere Geschichte und aktuelle Geschäftsführung der DFS

Im Jahr 2004 hatte die Bundesregierung die Kapitalprivatisierung der DFS beschlossen; nur eine Sperrminorität an Anteilen sollten im Bundeseigentum verbleiben. Neben der Tatsache, dass es sich bei der Flugsicherung um hoheitliche Aufgaben mit sonderpolizeilichem Charakter handelt, ist der Umstand, dass die DFS die überörtlichen militärischen Flugsicherungsdienste vorhält, von verteidigungspolitischer Bedeutung. Interessiert am Erwerb von Anteilen zeigten sich neben anderen die Fraport und die Lufthansa, was aber die Gefahr von Interessenkonflikten bei der Arbeit der DFS bedeuten würde.

Am 24. Oktober 2006 verweigerte Bundespräsident Horst Köhler dem Gesetz, das die Kapitalprivatisierung ermöglichen sollte, wegen der hoheitlichen Aufgabenstellung und des sonderpolizeilichen Charakters der Flugsicherung seine Unterschrift und wies es so mit seinem Veto zurück. Der Bundespräsident begründete seine Entscheidung damit, dass das Gesetz nicht vereinbar mit dem Grundgesetz sei, weil

  • dort eine bundeseigene Verwaltung bestimmt war (Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG);

  • es ausreichende Steuerungs- und Kontrollrechte fordert;

  • die Hauptbetriebsstätte der Flugsicherung nach Ablauf von 20 Jahren ins Ausland verlagert werden kann.

Die Deutsche Flugsicherung (DFS) trennt sich von ihrer kompletten Geschäftsführung. Die Verträge der drei Geschäftsführer Dieter Kaden, Jens Bergmann und Ralph Riedle werden über das Jahresende 2012 nicht mehr verlängert

Als möglicher Nachfolger Kadens wird der Staatssekretär aus dem Bundesverkehrsministerium, Klaus-Dieter Scheurle (CSU), gehandelt. Er könnte auf einen Jahresverdienst oberhalb von 436 000 Euro hoffen, wie ihn Kaden im Geschäftsjahr 2010 inklusive erfolgsabhängiger Komponenten bezogen hat.1

Am 5. November 2009 wurde Klaus-Dieter Scheurle von Peter Ramsauer zum beamteten Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) berufen mit den Zuständigkeiten für Eisenbahnpolitik, Luft- und Raumfahrt, Wasserstraßen, Schifffahrt und Straßenverkehr.2

1 dpa

2 http://www.bmvbs.de/DE/DasMinisterium/Staatssekretaere/StsProfKlaus-DieterScheurle/sts-prof-klaus-dieter-scheurle_node.html